Sonntag, Januar 31

Noten, Schule und Leitungsdruck....

... ein Thema, was jeden angeht, der Kinder in der Schule hat. In dieser Woche gab bzw gibt es Zeugnisse. 3 Kinder, 3 Schulen, 3 verschiedene Schwierigkeiten mit dem bayrischen Schulsystem klar zu kommen.  Wir haben hier drei Schulkinder, ich habe mittlerweile 9 Jahre Schulerfahrung als Mutter und davor meine eigene 14 jährige Schulerfahrung. Toni, meine Große schreibt sehr gerne, debattiert für ihr Leben gern. Deshalb haben wir uns gedacht, dass jetzt sporadisch auch Texte von Toni hier erscheinen werden. Sie hat ihre eigene Meinung die mit Sicherheit oft nicht konform zu meiner ist, nichts desto trotz finde ich es einfach auch wichtig vielleicht mal ihren Standpunkt und Blick auf unser Familienleben, dass was uns als Familie beschäftigt und auch sie beschäftigt zu zeigen. Deshalb heute hier Premiere, Toni schreibt was sie denkt, erstmal in Bezug auf Schule, Noten, Schulwahl...




Wer gehört auf aufs Gymnasium und was die Noten damit zu tun haben? Eine Frage die sich sicherlich tagtäglich viele Leute, bevorzugt Lehrer, oder Schüler, dieser Schulen, stellen. Ich, als Schülerin der 9. Klasse eines Gymnasiums, möchte mich dazu nun auch einmal äußern. Ich habe schon einige Gespräche mit meiner Mutter über dieses Thema geführt und das gab mir schließlich den Anstoß, das hier zu schreiben. Die Vorrausetzungen die ein Gymnasium stellt sind im Normalfall gute Mitarbeit, regelmäßig erledigte Hausaufgaben, gute Noten, Engagement auch außerhalb des Unterrichts und ordentliches Vorbereiten auf die nächste Stunde. Alles kein Problem, wenn man fleißig und ehrgeizig ist, oder? Sollten nicht gerade die Schüler, die sich jeden Tag hinsetzen und bis spät in die Nacht lernen, die besten Noten haben? In meiner Schule beobachte ich oft das Gegenteil. Gerade die Schülerinnen und Schüler, die versuchen jeden Tag bis zum geht nicht mehr zu lernen, gehören meist zum eher schlechterem Mittelfeld, was die Noten betrifft, während über alle Maßen faule Schüler die guten Noten abstauben. Viele mögen sich jetzt fragen woran das wohl liegt. Ungerechte Lehrer? Spickzettel? Zufällige Notenverteilung? Meiner Meinung nach ist es nichts davon! Der Grund ist schlicht und einfach, das man auf dem Gymnasium nicht wirklich intensiv lernen kann! Klar kann man sich, nachdem man mit den Freunden unterwegs war und sich vielleicht noch am Familienleben beteiligt hat, bis spät in die Nacht hinsetzen und die Lateinvokabeln lernen und sich vielleicht nochmal die Hefteinträge anschauen, aber wenn man als mittelmäßiger Schüler auch noch ein Privatleben haben will, ist viel mehr auch nicht drin. Es bleibt auch oft gar keine Zeit sich wirklich auf die Stunden vorzubereiten, vor allem in der Schulaufgabenzeit. Um das zu veranschaulichen, werde ich einmal meine bisherige Woche belichten:
Diesen Montag hatte ich, wie schon das ganze Jahr über, Nachmittagsunterricht. Ich kam um kurz vor 16 Uhr nach Hause und war damit sogar noch früh dran. Viele Schüler kommen wegen ihren Bus noch später nach Hause. Nachdem ich mich ein bisschen entspannt habe, bin ich meinen Häuslichen Pflichten nachgekommen. Mit dem Hund rausgehen, auf die Geschwister aufpassen und liegengebliebene Hausaufgaben erledigen. Bis ich mit allem fertig war, war es schon 18 Uhr und bis ich endlich Zeit für mich hatte 19 Uhr.
Der Dienstag war, bis auf den Reitunterricht am Nachmittag recht entspannt.
Am Mittwoch hatte ich wieder Nachmittagsunterricht. Der gleiche Ablauf wie am Montag. Bis jetzt hatte ich, trotz dass ich eigentlich wenig lerne also keine Zeit für Freunde.
Am Donnerstag haben wir Matheschulaufgabe geschrieben. Ein Fach das ich normalerweise recht gut beherrsche, also kein Problem. Es gibt in meiner Klasse aber durchaus Schüler die für diesen Test lernen mussten und so hatten diese noch weniger Zeit für Freunde oder Entspannung. Vor allem da sie sich auch noch für die Physikkurzarbeit am nächsten Tag vorbereiten mussten. Am Nachmittag hatte ich mich endlich mit einer Freundin verabredet. Doch als ich nach Hause kam, wurde mir ein Strich durch die Rechnung gemacht. Da meine Mama und mein Bruder zum Zahnarzt mussten und meine Schwester krank war, musste ich zu Hause bleiben und auf diese aufpassen. An sich kein Problem, aber mit den Lateinhausaufgaben wurde es dann doch knapp. Ein Fall der sicher nicht nur bei mir öfters eintritt.
Am Freitag hab ich die mündliche Wiederholung und die Vokabeln dann noch morgens im Bus gelernt. Ich kam also recht ordentlich vorbereitet in den Unterricht und musste mir keine Sorgen machen. Aber wie gesagt, nicht allen fliegt der Stoff so zu wie mir und so mussten einige auch für Physik und Mathe lernen. Die letzte Lateinstunde war am Dienstag. Am Mittwoch hatten wir Nachmittagsunterricht. Wir hatten zwei Nachmittage um Mathe und Physik zu lernen und uns nebenbei auch noch auf die ganzen Nebenfächer vorzubereiten. Am Anfang der Lateinstunde kamen also drei Schüler vor um zu melden, dass sie wegen des Lernstresses nicht ordentlich lernen konnten. Daraufhin wurde die ganze Klasse getadelt, dass die Schüler eines Gymnasiums in der Lage sein müssten ihre Termine zu organisieren und einzuhalten. Eine Schulaufgabe oder ein Kurztest wären keine Entschuldigung für fehlende Hausaufgaben.

So und so ähnlich gab es schon viele Situationen und mir hat das gezeigt, dass das Gymnasium keine Schule für ehrgeizige und lernbereite Schüler ist. Das Gymnasium ist meiner Meinung nach eine Schulform, in der vor lauter Leistungsdruck keine Zeit zum Lernen bleibt. Die Schüler sollen sich jeden Nachmittag so vorbereiten, dass sie in jedem Fach wenn nötig eine Eins schreiben könnten und sich am besten noch an jede Kleinigkeit aus der 5. Klasse erinnern. Man hat wegen der Schule gar keine Zeit für die Schule zu lernen. Da ist es klar, dass jene Schüler, denen alles zugeflogen kommt, besser abschneiden, als fleißige, ehrgeizige und lernbereite Schülerinnen und Schüler. Die daraus folgenden Noten sind auch oft ein Problem. Sie können natürlich eine Motivation sein, besser zu werden, aber oft bewirken sie eher das Gegenteil. Ich kenne einen wundervollen Menschen mit ganz vielen unglaublichen und tollen Talenten. Dieser Mensch ist so eine ehrgeizige und fleißige Schülerin. Sie hat auch nur mittelmäßige bis schlechte Noten, und dass obwohl sie sich jeden Tag hinsetzt und lernt. Die Folge daraus ist, dass sie ein extrem schlechtes Selbstwertgefühl hat. Ihre schlechten Noten trotz des vielen Lernens sagen ihr, dass sie dumm ist und nichts kann. Mir sagen sie, dass in unserem Schulsystem und in unserer Gesellschaft irgendetwas falsch läuft, wenn so wundervolle, talentierte Menschen dadurch das Gefühl der Wertlosigkeit bekommen. Mein Traum von Schule wäre, eine Schule, in der Menschen ihre Talente schätzen lernen, eine Schule, in der Leistung und Intelligenz nicht alles sind, und eine Schule, die den Schülern den Druck nimmt und ihn nicht noch verstärkt.

Eure Toni